Das Leck im Dach muss geflickt und Windeln müssen gewaschen werden. Es gibt also viel zu tun daher entscheiden sie noch einen weiteren Tag zu bleiben um sich von der strapaziösen Nacht zu erholen. Am Abend gibt es ein weiteres mal Forelle aus dem Una Fluss. Beim Essen ist Anton nervös, quietscht unzufrieden und strampelt sich aus der Trage so dass sie nicht in Ruhe essen können. Die Frau vom Campingplatzbesitzer streckt ihre Arme aus und schnappt sich Anton. Sie und ihr Mann reden ihm auf Bosnisch gut zu und lächeln ihn freudestrahlend an woraufhin er sich beruhigt und grinst. Nur ab und zu schaut er nach Anna und Philipp.
Am nächsten Tag geht die Fahrt nach der üblichen Morgenroutine, allerdings etwas früher, in Richtung Südosten weiter zu einem Wanderweg, der hoch zu einem alten Gletscher führen soll. Sie fahren über Bosanski Petrovac nach Jajce, wo sie an einem Wasserfall halt machen um zu pausieren. Alle drei schlafen sofort auf dem Bett ein. Philipp und Anna werden von Antons geisterhaftes Gejaule – sein Zeichen für „Ich-muss-mal“ – geweckt und halten ihn ganz verschlafen und mit verklebten Augen ab. Sie haben keine Lust aufzustehen aber ihre knurrenden Bäuche bringen sie schließlich doch dazu sich aufzuraffen. Sie bereiten ihre restlichen Kartoffeln mit Blumenkohl-Bohnen-Gemüse und einem Salat zu. Es schmeckt vorzüglich.
Bevor sie losfahren, besprechen sie den Fahrtweg. Das Navi schlägt eine alternative Route vor, die Anna und Philipp obwohl sie nicht im Autoatlas eingezeichnet ist, fahren wollen. Zunächst geht es in Serpentinen steil bergauf. Oben angekommen wandelt sich der Weg in eine Schotterpiste und führt sie über eine Ebene, die mit Wiesen bedeckt ist und sie immer tiefer in die ländliche Gegend bringt: Die Häuser werden weniger, die Straßen schmaler, die Wiesen weiter und bunter, die Bäume höher und die Wälder dichter. Inzwischen ist die Straße auch keine Schotterpiste mehr sondern ähnelt eher einem Waldweg, ist aber noch eindeutig als befahrene Straße zu erkennen. An einer Straßengabelung ist das Dorf, in dessen Richtung sie fahren, in beide Richtungen ausgeschildert. Sie biegen rechts ab. Etwas schaukelnd, kommen sie an vereinzelnten Häusern vorbei und grüßen die Menschen, die ihnen begegnen. Nochmal ein kurzer Stop um Anton zu beruhigen und weitergehts. Plötzlich geht der Weg steil bergab. Über weiße Steine und dunkle Erde schaukeln sie den Bus in Schritttempo hinunter. Es ruckelt, wackelt und rumpelt aber alles bis auf die Wasserkanister bleibt an Ort und Stelle.
Sie sind guter Hoffnung, dass der Weg besser wird umso näher sie dem Tal und der Landstraße kommen. Die Serpentinen häufen sich und führen im Zickzack Richtung Tal. „Wir hätten jetzt links abbiegen müssen“, sagt Anna, die mit dem Handy hantiert und versucht die ruckartigen Bewegungen des Busses auszugleichen. Philipp sitzt grübelnd, hochkonzentriert und angestrengt am Steuer. „Häh, ich habe nix gesehen. Es gab keine Straße“. Der blaue GPS Punkt auf dem Handy verläuft im Nichts, abseits jeglicher Straßen. Es gibt keine Chance zu wenden, schon eine ganze Weile gibt es die nicht mehr. Sie schaukeln also weiter bergab. Über Wiesen, am Hang entlang, über Stock und Stein, wird der Weg immer unscheinbarer und führt sie mitten in den Wald. Die Häuser sind verschwunden, es riecht nach feuchten Waldboden, die Löcher werden tiefer, Wurzeln breiten sich aus und die Steine werden größer und mehr. Ein schlammiges Wasserloch liegt vor ihnen. Philipp tritt aufs Gas. Geschafft. Aufeinmal geht es bergauf. Und nochmal mit Schwung. Dann schaffen sie es vielleicht den wuchtigen Bus hinauf zu bringen. Die Räder drehen durch. Sie bleiben stehen. Ein paar mal versucht Philipp es noch aber es ist aussichtlos. Sie stecken fest. Mitten im Wald.
Hunderte von Fliegen klatschen gegen die Fensterscheiben, Vögel zwitschern, es raschelt und die Sonne senkt sich langsam dem Horizont entgegen. Sie fackeln nicht lange und entscheiden, dass Philipp los läuft um Hilfe zu suchen und Anna mit Anton im Bus wartet. Bevor es dunkel wird, will Philipp zurück sein. Er zieht seine Wanderschuhe an, macht Fotos vom Bus und joggt los. Anna versucht mit Anton zu spielen und sich abzulenken. Sie denkt daran, dass es Wölfe und Bären in den Wäldern von Bosnien gibt. Immer wieder schaut sie hinaus aber kein Mensch und kein Tier kommen vorbei. Ihr Telefon klingelt. Wahnsinn sie hat Netz! Es ist Philipp. Er erzählt ihr, dass er jemanden gefunden hat, der ihm hilft einen Traktor aufzutreiben. Nach einer Weile schläft Anton ein und kurz darauf hört Anna Fahrzeuggeräusche. Ein Traktor mit drei Personen in der Fahrerkabine kriecht über den Hügel. Philipp hängt an der Tür über den Fahrer gebeugt. Es geht alles ganz schnell. Einmal angekettet wird das Rettungsmanöver in die Wege geleitet. Tada. Sie sind befreit. Nun müssen sie nur noch ohne Autopanne durch den Wald kommen. Der Boden ist schlammig und nass. Es folgen zwei Wasserdurchfahrten. Vor der zweiten stoppt der Traktor und der Fahrer steigt aus. „No Diesel“. Ohman. Sie müssen doch nur noch einen Kilometer fahren bis ihr Bus wieder festen Boden unter seinen Reifen spürt. Es wird telefoniert und Freunde von ihren bosnischen Helfern bringen Diesel vorbei. Der Traktor startet. Als sie die Landstraße erreichen sind sie heilfroh und bedanken sich tausend mal bei ihren vier Helfern, die sie noch bis zu Beginn des Wanderweges geleiten. Aufgelöst und geschafft schlafen alle schnell ein.