Heute lassen sie die Drohne steigen, haben sie sich überlegt. Sie laufen voll gepackt los. „Sag mal ist die SD-Karte in der Kamera?“. „Ja.“ „Und die Drohne? Hast du die SD-Karte zurück getan?“. „Oh verdammt, neee“. Anna läuft schnurstracks zurück und holt die SD-Karte. Als sie zurückkommt, sitzen Philipp und Anton am Wegesrand. „Er kackt.“, sagt Philipp trocken. „Kein Wunder.“ erwidert Anna und lacht.

Obwohl der Weg stetig nach oben führt, ist er leicht, denn die Steigung verläuft moderat, der Weg ist breit und hat nur wenige Stolperfallen. Es kommen ihnen auch einige Autos entgegen oder fahren an ihnen vorbei, was sie mit Verwunderung beobachten. Sie winken. Die Menschen winken und grüßen sie zurück. Grüne Hügel, hohe Tannen, Schafe und laut kleffende Hunde prägen die Landschaft.

Irgendwie sind sie dann doch müde. Achja. Die Müdigkeit – ein alltäglicher Begleiter der Elternzeit. Vor ihnen taucht ein riesiger Hund auf. Er hätte auch gut ein Pony sein können wenn er nicht diese typischen Geräusche eines wilden und aggressiven Hütehundes gemacht hätte. Anna und Philipp entscheiden erst mal eine Pause zu machen bevor sie sich mit dem Hund auseinandersetzen. Ein Auto kommt vorbei und hält an. Ein Mann steigt aus. Er warnt sie ganz aufgeregt vor dem Hund, der weiter oben auf sie stoßen wird. „Danger, big danger“. Sie nehmen das als Zeichen und brechen ihre Wanderung an dieser Stelle ab und kehren um nachdem sie mit der Drohne geflogen sind. Ein bisschen Spaß wollen sie noch haben. „Ohman, ist die weit weg. Hol sie zurück“. Es ist ein Nervenkitzel.

Nach der Wanderung fahren sie über Travnik nach Krušćica, denn dort ist im Autoatlas ein rotes Zelt eingetragen. Sie hoffen darauf einen Campingplatz zu finden. Sie finden keinen. Dafür stoßen sie auf ein Aktivistencamp. Zwei ältere Damen sitzen in einer Holzhütte, die mit Sofas, Tischen und natürlich einem Flachbildschirmfernsehr ausgestattet ist, und gucken in die Luft. An den Wänden hängen Bilder, Plakate und Karten. Mit Händen und Füßen leiten die Damen Anna und Philipp weiter geradeaus, über die schmale Holzbrücke. Sie treffen auf einen Mann, der gerade in seine Garage gehen will, und fragen ihn nach einem Campingplatz. „Sleep?“, fragt er. Sie bejahen. Er breitet seine Arme aus und macht ihnen deutlich dass sie überall stehen können. Einfach so. Es gibt hier keinen Campingplatz. Sie stellen sich neben den Fluss unter die Bäume.

Während Philipp und Anna ihren täglichen Aktivitäten nachgehen, kommen Männer, Frauen und Kinder vorbei, zu Fuß, mit Fahrrad oder mit Auto, und schauen neugierig in den Bus, winken und lächeln ihnen zu. Am Abend versammelt sich eine kleine Gruppe von Leuten vor dem Bus und plaudern. Keiner spricht Englisch. Keiner spricht Deutsch. Dennoch wird viel geredet. Einer ist taubstumm und versucht es mit Gebärdensprache. Am nächsten Tag erst verstehen Anna und Philipp, worum es in den Erzählungen ging. Sie haben von der Turbine, die gebaut werden soll, und ihrer Mission den Fluss zu retten erzählt. Als die Sonne untergeht, kommt einer der Männer zurück und bringt ihnen zwei in fettgeträngte Pitabrote gefüllt mit Ćevapčići, nur mit Ćevapčići.