Die Nacht war so lala. Anton war oft wach und hat viel gepullert. Philipp und Anna sind erschlagen. Solche Nächte zehren an ihren Kräften. Es ist ein sonniger Tag mit strahlend blauen Himmel und sie wollen noch eine weitere Wanderung machen. Sie wissen nicht was sie erwartet. Bergauf laufend durchqueren sie einen Laubwald aber es sieht nach nichts Besonderem aus. „Hier treffen wir bestimmt niemanden“, sagt Philipp. Anna schweigt. Kurz darauf sehen sie eine blaue Farbe durch die Bäume schimmern. „Nee! Da sind doch welche?“, fragt Anna schnaufend und verwundert. Es sind die Tschechen, die sie am Tag zuvor bei ihrer Wanderung getroffen haben. Acht große Männer, die schwer bepackt nach Montenegro wandern wollen fernab von den touristischen Fernwanderwegen. Sie erzählen, dass sie am Tag zuvor umdrehen mussten, weil der Wanderweg, der sie über den Pass bringen sollte, nicht zu erkennen war. Anna und Philipp bezweifeln, dass sie auf dieser Strecke erfolgreicher sein werden. Sie wandern weiter und fragen sich zunehmend wieso es hier eine Wanderung gibt. Als sie dann schließlich riesige Findlinge hinauf und wieder hinunter kraxeln, fragen sie sich ob das vielleicht der Höhepunkt der Wanderung war.
Sie müssen nun immer intensiver nach dem Wanderweg Ausschau halten und die Markierungen suchen bevor sie weitergehen, sonst droht die Gefahr, dass sie sich verlaufen. Sie stiefeln weiter durch den Wald mit hohen und teilweise dickstämmigen Bäumen, über heruntergefallenes Laub, durch hohe Fahnenbestände, unter denen sich Pflanzen mit fiesen Stacheln verstecken, die ihre Beine zerkratzen, und an großen Findlingen vorbei. Das Licht scheint durch die Blätter, was sie hellgrün leuchten lässt. Es ist doch ganz schön und abenteuerlich. Es rauscht im Hintergrund. Ein Nebenfluss der Valbonë fließt in Stufen hinunter, wobei er kleine Wasserfälle kreiert. Sie kommen endlich am Valbonë Fluss an, doch lange laufen sie nicht an seinem Ufer entlang, denn es geht wieder bergauf. „Wie weit ist es noch? Ich bin doch ganz schön kaputt.“, nörgelt Philipp. Nach zwei Kilometern durch hohes Gestrüpp und zwischen jungen Bäume hindurch kommen sie verschwitzt am Auto an. Auf dem letzten Stück haben sie noch einmal Aussichten auf den Valbonë Fluss, den Berggipfeln, die wie Türme aus der Bergkette herausragen, und eine große Baustelle, wo ein Wasserkraftwerk gebaut wird, erhalten.
Noch ein letzter Sprung ins kühle Nass und weiter geht die Fahrt aber nur kurz zum nächsten Stellplatz. „Aua!“, schreit Anna laut. Sie hebt ihr T-Shirt hoch, eine Bremse fliegt panisch davon und an Annas Brustwarze hängt ein dicker Bluttropfen. Sachen gibt’s. Während das passiert, verbrennt der Couscous auf dem Herd. Wenig später schneidet sich Anna in den Fingernagel. Oh man. Die Sonnen senkt sich, Anton schläft und bald beginnt auch die Nacht für Anna und Philipp, die müde ins Bett fallen.