Es sind sieben Tage Reisezeit mit der Fähre von Hamburg nach New York. Und 3,5 Tage von Bulgarien nach Georgien. Das Schwarze Meer ist bei weitem nicht so groß wie der atlantische Ozean. Jeder kann sich denken wie langsam die alte Fähre fährt. Ab und an hat Anna das Gefühl, dass sie stehen würden.

Anton ist der Höhepunkt für alle. Bei den Mahlzeiten bringt er insbesondere die jüngste Tochter der armenischen Familie und einen etwas dickbäuchigen Franzosen, der ihn gerne auf den Arm nimmt oder ihn auf seinen Bauch abstellt, zum Lachen. Die jüngste Tochter der armenischen Familie war zu Beginn noch sehr schüchtern aber inzwischen knutscht sie Anton regelrecht ab. Am Ende der Reise kann sie die Finger nicht von Anton lassen.

Die drei Schweinetransporter sind ebenfalls auffällig aber bleiben wohl bei keinem als positiv in Erinnerung. Es stinkt. Der Kot und Urin fließt heraus und bildet hinter den Trucks Pfützen. Die Schweine schreien. Doch am Ende der Fährfahrt geben sie kein Laut mehr von sich. Sie sind erschöpft. Der Geruch zieht über die gesamte Fähre. Vielleicht ist auch eins gestorben. Es legt eine traurige Stimmung über das Schiff, es zerreißt einem das Herz und lässt den Atem stocken. Philipp fragt sich wo der Sinn liegt Schweine von Bulgarien nach Georgien zu transportieren. Keinen. Es gibt keinen Sinn. Außer vielleicht Drogenschmuggel im Hintern der Schweine.

Am zweiten Morgen steht Anna früh auf um Fotos zu machen und nach Delfinen Ausschau zu halten. Sie hatte gelesen, dass es zahlreiche davon im Schwarzen Meer gibt. Die Sonne steht noch tief und wirft warmes Licht auf die Fähre. Das Meer ist glattgestrichen, keine Bewegung ist zu erkennen, nur das langsame gleiten des Schiffes im Wasser. Am Horizont wachsen Kumuluswolken in die Höhe und spiegeln sich im Meereswasser. Eine romantische Szenerie. Jetzt fehlen nur noch die Delfine. Immer wieder schaut Anna nach Anton. Als Philipp und er wach sind, überzeugt sie Philipp davon auch raus zu kommen. Alle drei stellen sich vorne ans Bug und schauen aufs offene Meer. Es dauert nicht lange, da springen zwei Delfine aus dem Wasser. Sie schwimmen am Bug entlang, springen, schwimmen, springen, und tauchen ab. Sie sind weg. Anna ist glücklich.

Am vorletzten Tag der Reise rätseln die Passagiere wann sie wohl ankommen werden. Keiner weiß es so genau. Philipp schätzt, dass sie nach dem Frühstück den Hafen von Poti erreichen. Es kommt anders. Als sie am letzten Tag aufstehen, können sie schon Land sehen. Ihre Hoffnung ist groß in wenigen Stunden da zu sein. Anna geht auf die Suche nach Information und findet einen jungen Matrosen. „Do you know at what time we will arrive?“, fragt Anna. “Yes.”, sagt er. “So?”, sagt sie. “Soon”, sagt er. “But when exactly?”, fragt Anna. Er antwortet „in 4 to 5 hours or so. I don’t know.”. Alles klar, jetzt weiß sie viel besser Bescheid. Sie bekommen noch Mittagessen auf der Fähre. Danach packen sie langsam ihre restlichen Sachen zurück in den Bus, denn sie stehen vor der Hafeneinfahrt. Ja richtig, sie stehen davor. Die Fähre wartet auf die Schlepper. Lange. Als die Fähre endlich im Hafen von Poti steht, betreten die Grenzkontrolleure die Fähre. Bis die kleine Familie an der Reihe ist, vergeht viel Zeit. Obwohl die Passkontrolle relativ schnell geht, vergehen nochmal Stunden bis sie das Schiff verlassen dürfen.

Die armenische Familie hatte sie gebeten, ihre fünf großen Koffer mit dem Auto von der Fähre zu bringen. Kein Problem. Bei der Abmachung hat nur leider keiner an den Zoll gedacht, der direkt nach dem sie die Fähre verlassen haben auf sie wartet. Philipp parkt das Auto. Keine Sicht von der armenischen Familie. Aber sie hatten auch einen anderen Treffpunkt am Hafenausgang verabredet. Der Zoll ist bei den Anderen sehr genau. Daher erwarten auch Anna und Philipp eine längere Inspektion ihres Busses. Und was ist mit den Koffern der Armeniern? Der Inspekteur kommt mit seinem gesamten Gefolge auf Anna und Philipp zu gelaufen. Anna schnappt sich den kleinen Anton und packt ihn in die Trage. Er ist gerade eingeschlafen und soll nicht wach werden. Der Inspekteur schaut in den Bus und seine erste Frage lautet „Ok. What is in these bags?“. Philipp ist ehrlich und erzählt die Geschichte, die dahintersteckt. „That is a big problem. If I open it and find drugs then it is your problem“, reagiert er ernst. Sie können die Koffer nur öffnen, wenn der Besitzer vor Ort ist. Philipp läuft zu den Franzosen, die sie auf der Fähre kennengelernt hatten, und fragt ob sie die Telefonnummer der armenischen Familie haben und bei der Kommunikation helfen können. Denn das eingerostete Französisch von Philipp und Anna hilft hier nicht viel. Philipps Telefon funktioniert nicht. Mit Annas klappt es und der Papa der Familie hebt ab. „He will come“, sagt der Franzose, nach dem er aufgelegt hat. Sie warten. Anton wird wach. Sie essen Chips. Und warten. Auch die beiden Franzosen warten mit ihnen. Das armenische Pärchen erscheint schließlich gegen Sonnenuntergang. „Desole, desole…“, entschuldigen sie und erklären sich aufgeregt. Anna hat den Stress schon wieder ganz vergessen und macht deutlich, dass es ok ist und sie sich nicht weiter entschuldigen brauchen. Nun dürfen sie losfahren.

Bevor sie das Hafengelände verlassen, werden sie angehalten und nach dem Zolldokument gefragt. „Which document?“, fragt Philipp. Er hatte sich schon gewundert, dass sie nichts vom Zoll erhalten hatten. Und wieder zurück über dieses irreführende Gelände, das Dokument abgeholt und endlich raus. Es ist schon lange dunkel und sie suchen nur noch einen Schlafplatz. Sie parken in einer kleinen holprigen Straße vor einem Wohnhaus. Sie fragen die Dame des Hauses ob sie gegenüber ihrem Haus übernachten dürfen. Es ist kein Problem und sie bietet den Parkplatz direkt vor ihrer Gartentür an.