Die holprige Tour geht weiter. Es gibt zwar einen relativ direkten Weg nach Yerevan, sie nehmen jedoch den Längeren, der westlich vom Aragaz – ein erloschener Schichtvulkan und die höchste Erhebung Armeniens – verläuft. Da dieser Umweg breiter und in einem kräftigen rot auf der Karte abgebildet ist, glauben sie ihre Chance auf relativ gute Straßen zu erhöhen. Sie fahren durch die wenig attraktive Ortschaft Gyumri, die zweitgrößte Stadt Armeniens, weiter an Talin vorbei, umkreisen Yerevan über den nördlichen Highway und landen in Gogh, eine winzige Ortschaft, wo es einen paradiesischen Campingplatz, der von einem holländischen Paar geführt wird, geben soll. Das deutsche Paar, was sie am Lisi See kennengelernt haben, hatte diesen Campingplatz hochanpriesen und ihnen dringlichst geraten dort zu übernachten.
Bevor sie dort ankommen, durchqueren sie eine hüglige schwarzgelbe Landschaft. Vor ein paar Monaten schon haben sich die grünen Gräser, die die Hügel bedecken, in goldgelbe Halme verwandelt. An den vegetationsfreien Stellen schimmert schwarze Erde durch, und dort wo es Wasser gibt, sprießen die Dörfer als grüne Oasen aus dem Boden. Den Aragaz sehen sie leider nicht, da der Himmel Wolken behangen ist. So schlecht wie das Wetter sich zeigt, so mies sind auch die Straßenverhältnisse. Aber sie sehen auf der gesamte Strecke Bauarbeiten für eine neue Autobahn. Philipp flucht und ärgert sich, dass diese noch nicht fertig ist. In Garni, eine Ortschaft vor Gogh, probieren sie ihre armenische Kenntnisse aus, gehen einkaufen und sind froh, dass es nur noch wenige Kilometer zum Campingplatz sind.
Sie verlassen die Hauptstraße, biegen rechts ab und stehen nach 50 Metern vor einem großen Tor. Die Erwartungen sind hoch. Eine freundlich grinsende Holländerin öffnet das Tor, plaudert drauf los und führt sie über das Gelände: Pool. Küche. Waschmaschine zur freien Benutzung. Wäscheständer. Wäscheklammern. Weißglänzende Toiletten. Bewegungsmelder für die Beleuchtung. Große Duschen. Walnussbäume. Aufenthaltsräume mit Blick auf erosionszerfurchte Hügel. Feigenbäume. Weintrauben. Wiesen für Zelte. Und so weiter. Der Campingplatz wurde mit viel Liebe aufgebaut. Die Holländer kennen eben ihr Handwerk. Hier lässt sich die Zeit gut vertreiben. Und das macht die kleine Familie auch: Sie bleiben drei Tage. In diesen Tagen krabbelt und läuft Anton an der Hand geführt über die Wiese, sammelt jedes Blatt und Steinchen auf – jap diese Phase ist noch nicht vorbei, Anna liest den Iranreiseführer und Reiseblogs, Philipp geht seit langem mal wieder joggen und ist nach fünf Kilometern aus der Puste, und sie nutzen diese wunderbare russische Waschmaschine.