Anna wacht vor allen anderen auf, denkt nach, kann nicht einschlafen und steht schließlich auf. Sie macht die Standheizung an, denn es ist kalt im Bus, und bereitet das Frühstück vor. Am Abend zu vor hatte sie schon den Rucksack fertig gepackt, so dass sie so früh wie möglich loskommen. Es sieht super aus. Der Himmel ist blau und die Chancen stehen sehr gut, dass sie den Kazbegi sehen werden. Anton und Philipp werden wach und werden mit relativ warmen Temperaturen und einem fertigen Frühstück beschenkt. Anna ist aufgeregt. Sie zieht Anton an: ein langärmliges Unterhemd, noch ein langärmliges Shirt, darüber den chilenischen Pullover mit Kapuze, die dicken Stulpen, eine Hose und überall dem Antons Regenhose und gefütterte Regenjacke. Er sieht so wie eine echte Berziege. Zügig laufen sie an anderen Wanderern vorbei. Der Himmel ist immer noch blau und keine Wolke ist zu sehen. Die Hügel leuchten im warmen Morgenlicht der Sonne. Noch eine letzte Kurve. Geschafft. Ein freistehender über 5000 Meter hoher Berg taucht vor ihnen auf. Wunderschön.

Oben angekommen, bläst der Wind in ihre Gesichter. Bevor sie ihren Rückmarsch antreten, sieht Philipp einen Prius – ein ganz stink normales Auto. „Es geht also doch! Auch ohne 4×4“, sagt er zu Anna hinüber, die gerade das Weitwinkelobjektiv auf die Kamera schraubt. Noch ein paar Fotos und es geht zurück. Sie laufen entspannt und beflügelt hinunter zum Bus. Bevor sie dort ankommen, zieht ein Hirte mit seinen Schafen gerade über den Parkplatz und treibt sie zum Fluss. Philipp ruft Anna, die etwas zurück liegt, da sie noch Fotos macht, und wedelt wild mit den Händen. Sie rennt los. Oh, was für ein Motiv. Die Schafsherde im Vordergrund der Berglandschaft. Sie zückt ihre Kamera und schießt drei Fotos. Der Hirte schreit auf Georgisch oder Russisch seine Schafe an. Doch plötzlich hört Anna ein „no foto“ aus dem Gebrabbel heraus. Der Hirte ist stink sauer und wirft seinen Stock nach Philipp und Anna. Er kommt wütend auf sie zu gestürmt und kann sich kaum beherrschen. Seine Körpersprache sagt „Wenn du nicht ein Baby vor deiner Brust hättest, würde ich dir eine reinhauen. Und wenn du nicht eine Frau wärst, ebenso.“ Danach ist die schöne idyllische Stimmung erst mal wie weggeblasen. Ein steiler Flug ins Stimmungstief.

Sie erholen sich von dem Schock, fahren zum Markt und decken sich mit frischen Kräutern und frisch gebackenem noch heißem Brot ein. Nachdem sie gegessen haben, fahren sie in die Artkhmo Schlucht, die 12 Kilometer südlich von Stepantsminda liegt. Hinter der Ortschaft Sno wird die Straße eine Schotterpiste. Sie biegen vor einer Brücke rechts ab und fahren über einen Feldweg tiefer in die Schlucht hinein. Am Start der Wanderung fällt ein Wasserfall den Berghang hinab. Sie positionieren ihren Bus mit Blick auf den Wasserfall, entspannen den restlichen Tag und genießen die Aussicht und Ruhe. Wieder einmal ziehen Rinder ziehen an ihrem Bus vorbei. Inzwischen haben sie sich an die Anwesenheit dieser friedlichen und langsamen Geschöpfe gewöhnt.