Ein Mann kommt auf sie zugelaufen. Das ist für sie nicht mehr ungewöhnlich. Er spricht etwas nuscheliges Englisch und erzählt ihnen, dass er Englischlehrer war, jetzt in der Rente ist und in seiner Freizeit Touristen hilft. Er möchte mit ihnen zur Autoversicherungszentrale und zum Büro von Irancell, dem Telefonanbieter im Iran, fahren. Philipp – Anna wird ignoriert und beschäftigt sich mit Anton – lehnt freundlich ab und erklärt, dass sie mit ihrem Bus fahren und sie diese administrativen Dinge eigenständig erledigen können. Der Englischlehrer lässt sich nicht sofort abwimmeln. Er versucht sie zu überzeugen und argumentiert, dass sie eine iranische Bankkarte brauchen um ihre Autoversicherung zu bezahlen. „They know me. I help tourists. Do you understand?“, sagt er und packt sein Handy aus um Bilder von anderen Touristen und ihren Autos zu zeigen. Philipp bejaht seine Frage und wiederholt seine Aussage. Er lässt sie ziehen.
Die Straßen sind voll. Sie parken vor der Autoversicherung in der zweiten Reihe, Anna bleibt mit dem schlafenden Anton im Auto sitzen und Philipp stellt sich der iranischen Bürokratie. Als er nach einer ganzen Weile zurückkehrt, ist er in der Begleitung des Englischlehrers, der ihm gerade zum dritten Mal den Weg zum Mobilfunkanbieter Irancell erklärt und sie dann entlässt. Philipp erzählt von seiner Erfahrung. Er hat Tee angeboten bekommen, das ganze Büro hat sich um ihn gekümmert, ein großes Wörterbuch mit verschiedenen Sprachen wurde zur Hilfe gezückt, er konnte Bar zahlen, der Chef begrüßt alle – außer die einzige weibliche Angestellte – mit festem Händeschlag, mit viel Geschüttel und langem Austausch vermutlich über das Befinden des Angestellten und seiner Familie. An der Frau, die als erstes aufgestanden ist als der Chef das Büro betrat, geht ohne ihr einen Blick zu würdigen an ihr vorbei. Für Philipp ist das eine Szene, die sich in sein Gehirn eingebrennt und von der fassungslos erzählt.
Die Fahrt geht weiter, tiefer in die Stadt durch einen dicken Stau. In jeder Straße ist parken verboten und doch parken alle. Und so machen sie es auch denn so wie es aussieht wird nur das Parken in der zweiten Reihe beanstandet. Sie finden einen schattigen Parkplatz in der sehr belebten Sharati Street, in der sich auch das Büro von Irancell befinden soll. Nachdem sie von vielen begrüßt und angesprochen wurde, stiefeln sie mit einem Zettel von Irancell in der Hand los und fragen sich durch. Geschafft. Ein Mann und eine Frau sitzen hinter einem hohen Tresen und bearbeiten die Wünsche der Kunden. Genauer gesagt der männliche Angestellte beantwortet die Fragen, nimmt Pässe entgegen, kopiert, tippt Daten in seinen Computer ein und telefoniert. Die Frau sitzt und ist anwesend. Sie kaufen zwei SIM Karten und lassen sich registrieren. Erledigt.
Nun spazieren sie zufrieden und gemütlich zum Auto zurück, kaufen frischgepresste Säfte, helfen einem Ladenbesitzer Möhren, die aus einem großen Sack auf den Gehweg gefallen sind, aufzusammeln, kaufen Baklava als Gastgeschenk für ihre Gastgeber und decken sich in einer Bäckerei mit Sesamringen, Schokokuchen und Käse-Börek ein. Zurück am Auto werden sie von jungen Leuten, die ihren Bus cool finden, zum Tee eingeladen, bekommen zwei Erfrischungsgetränke geschenkt und Anton wird von einer älteren Dame, die über seine Größe staunt, geliebkost. Das Interesse an ihnen und die Neugier der Iraner ebbt nicht ab.
Sie fahren zurück zum El Goli Park, wo sie sich ausruhen bevor sie zum verabredeten Treffpunkt laufen. Anna hat ein schlechtes Gefühl. Sie fand den Mann merkwürdig und schnöselig. Philipp erwartet eh, dass er nicht kommen wird. Als sie warten, werden sie von einem jungen Mann angesprochen. Sie unterhalten sich angenehm bis ihre Verabredung auftaucht. Na, dann mal los. Ashgar hat seinen 17-jährigen Sohn und seine 7-jährige Tochter dabei. Der Junge ist ganz in schwarz gekleidet mit Hemd und schicker Hose. Sie scherzen „Philipp, you are his english teacher.“ Als sie an der Englischschule des Sohnes anhalten und Philipp der Lehrerin vorgestellt wird, versteht er, dass es kein Scherz war. Während Philipp schweigend auf einem Stuhl in einem Klassenzimmer sitzt, hockt Anna mit der Tochter und Anton im Bus und versucht mit der Kleinen etwas zu plaudern. Anton macht Stimmung, steht in seinem Kindersitz und dreht sich um seine eigene Achse. Nach diesem ganzen Getue fahren sie in die Wohnung, wo sie von der Frau von Asghar begrüßt werden. Sie macht zwar ein freundliches Gesicht aber glücklich sieht sie dabei nicht aus. Die Wohnung ist mit LED Lampen hell und grell erleuchtet. In der großen Stube stehen mehrere Sessel, ein großer Fernseher, und ein Glastisch. Die Küche ist offen zur Stube und mit einem Teppich, auf dem die Kickers drauf abgebildet sind ausgelegt. Es ist heiß und Anna fängt unter ihrem Kopftuch quasi sofort an zu schwitzen. Anton freut sich über den Teppich, der den gesamten Fußboden der Stube bedeckt, und krabbelt und läuft den ganzen Abend. Zwischendurch lässt er sich von der Tochter Schadi, die aufpasst, dass Anton sich nicht stößt, hochheben und knuddeln. Der Junge sitzt auf seinem Sessel, schickt seine Schwester hin und her, guckt ernst – nur ab und zu huscht ein Lächeln über sein Gesicht – und übersetzt für seine Mama, die neben ihm sitzt und Anna unglaubwürdig beobachtet. Die Situation ist von Anfang an bieder, irgendwie steif und sehr formell. „What do you want?“, fragt der Junge auf einmal. Philipp und Anna sind verwirrt. Sie wollen nichts und außerdem ist es ihnen viel zu unangenehm Wünsche zu äußern.
Als Ashgar die Wohnung betritt, wird er von seiner Frau harsch angefahren. Er schaltet den Fernseher ein. Es läuft Fußball, so laut, dass die schleppende Unterhaltung, die eh schon durch den großen Abstand zwischen Philipp, Anna und dem Jungen bestand, erschwert wird. Durch den Raum schallt es immer wieder „Philipp, Philipp“ – Anna wird nie angesprochen. Nach 19 Uhr kommt das Thema Abendessen auf. „Is chicken OK for dinner?“, fragt der Junge. Anna fragt sich wie lange sie denn bleiben sollen. Sie hat eigentlich nicht mehr mit einem Essen gerechnet. Anton wird quengelig und müde. Sie sagt, dass sie kein Fleisch isst aber alles andere. Es wird Reis mit Gemüse angeboten. Immer wieder versucht Philipp zu erklären, dass sie gehen müssen, wenn Anton schläft. Das trifft auf Unverständnis. Anna schuckelt Anton aber er weint und an die Brust möchte er auch nicht. Schadi und ihre Mama bringen ein Kissen und eine Decke. Anna soll Anton hinlegen. Schadi kommt immer wieder an und kneift dem müden Anton in die Backe und macht helle quietschende Geräusche um ihn zum Lachen zu bringen. Schlechtes Timing. Anna versucht sich zurück zu ziehen aber das Licht wird immer angemacht. Anton hört nicht auf zu wimmern. Irgendwann schafft es Philipp mit der Unterstützung von Anna, die genug hat von dem höflichen Geplänkel und unterschwelligen Forderungen ihres Gastgebers, allen klar zu machen, dass sie nicht zum Essen bleiben. Sie gehen runter zum Auto, wo Ashgar den kleinen schlappen Anton noch einmal auf den Arm nehmen möchte. Anna verneint. Er zückt sein Handy und will ein Foto machen. Anna verneint und findet es unglaublich rücksichtslos und unverschämt. Während der Fahrt, schläft Anton sofort ein. Anna und Philipp unterhalten sich noch eine Weile über ihr Erlebnis.