„Vergiss nicht dein Kopftuch!“, sagt Philipp zu Anna, die gerade den Bus verlassen will. Ahja. Stimmt. Da war ja was. Sie muss sich noch eine angenehme Tragetechnik von den iranischen Frauen abgucken denn im Moment passt ihr das noch nicht so richtig. Sie werden zum Tee trinken eingeladen, spazieren ein zweites Mal zum Wasserfall und fahren nach Jolfa, wo sie Bargeld tauschen und eine Autoversicherung abschließen wollen. Das erste was sie in Jolfa sehen, ist ein Kuhkopf, der mitten auf dem Gehweg auf einem großen Teller drapiert ist. Die Augen der Kuh sind offen. Beim Geld tauschen erfahren sie, das Freitag ist und sie keine Autoversicherung abschließen und auch keine SIM Karten kaufen können. Sie schlendern über den großen Markt, kaufen Datteln, Erdnüsse und ein Oberteil für Anna ein, bekommen süße Backwaren geschenkt, üben ihre ersten Worte auf Farsi und versuchen sich in dieser anderen Welt zurecht zu finden. Auf dem Rückweg zum Bus kommen sie erneut an der körperlosen Kuh vorbei. Sie lassen Anton auf dem Gehweg hin und her laufen und neue Kontakte mit iranischen Männern schließen, die nur mit Philipp reden, mit Anton flirten und Anna links liegen lassen. Diese Erfahrung wird sie noch häufiger machen müssen.
Sie verabschieden sich von der lustigen Truppe und fahren nach Tabriz. Die Landschaft bleibt karg, trocken und hügelig. In Tabriz manövrieren sie sich durch den Wirrwarr an Straßen und Autos. Sie können es kaum glauben aber der verrückte Fahrstil der Georgier ist nichts im Vergleich zu dem der Iraner. Haarsträubend, mit offenen Mündern staunend und schockiertem Gesichtsausdruck erleben sie den Verkehr. Am El Goli Park machen sie halt und bleiben für die nächsten zwei Nächte.
Sie sind eine Attraktion. Die im Parksitzenden Iraner schauen sich nach ihnen um, werfen die Köpfe in ihre Richtung, verfolgen sie mit ihren Blicken, und die Menschen, die an ihnen vorbeilaufen, schauen neugierig in den Bus, lächeln, grüßen und sprechen sie an. Wie auch schon in Georgien steht Anton im absoluten Mittelpunkt des Spektakels. Die Iraner nehmen ihn gerne für ein Foto auf den Arm und geben ihn wieder zurück, patschen ihm ins Gesicht, ziehen Grimassen und säuseln süße Worte. Als sie am Abend einen Spaziergang im Park machen, spricht sie ein Mann im rosafarbenen Hemd und dunkelblauer Anzughose an. Er spricht kein Englisch. Kein Problem. Er ruft seinen Sohn an und reicht das Telefon an Philipp. „Come to my house. Now!“, ertönt es fordernd in Philipps Ohr. Das ist ja nett gemeint aber im Moment schlecht da Anton fast einschläft, Anna Halsschmerzen und Philipp Kopfschmerzen hat. Philipp erklärt, erklärt und erklärt wieder bis sie sich auf den nächsten Tag einigen. Sie verabreden sich für 17 Uhr an der gleichen Stelle.