Nach acht Stunden Fährfahrt erreicht die kleine Familie Nordzypern. Die Nacht war warm und stickig. Kaum hat die Sonne den Horizont überwunden, erhitzt sie auch schon auf das Schiffsdeck. Es gibt keinen Ort wo sie Anton hinunterlassen können und so tragen sie ihn abwechselnd auf dem Arm herum. Bevor sie die Fähre verlassen, beobachten sie die vielen jungen Männer, die mit ihren schweren Koffern von Bord gehen. Sie erwarten einen schnellen Grenzübergang. Pusteblume. Sie müssen in mehrere Gebäude und an verschiedenen Schaltern vortanzen: Passkontrolle, Autoversicherung, Zoll. Die Papiere werden von unterschiedlichen Personen mehrfach kontrolliert bis die letzte Instanz bemerkt, dass Anton als Fahrer des Autos eingetragen ist. Der Fehler muss behoben werden, was die eh schon zähe Prozedur unnötig in die Länge zieht. So, nun aber los. „Anna, der fährt auf der linken Spur“, sagt Philipp. Anna hatte nur halb hingehört und reagiert etwas abwesend „Der ist ja verrückt“, sagt sie gähnend. Es macht klick bei Philipp. Auf Nordzypern fährt Mensch links. Eigentlich kein Wunder, denn Zypern war mal britische Kolonie. Das weiß der gebildete Mensch doch. Trotzdem ist, die Überraschung und Überforderung beim Fahrer groß.
Sie fahren an der Küste entlang so lange bis sie einen Campingplatz sehen werden. Irgendwie ist die Fahrt anstrengend. Die gähnende Müdigkeit plagt sie. Aber sie haben Glück. Nach etwa 40 Kilometern sehen sie eine Anlage mit Dauercampern und Bungalows. Dazwischen befindet sich ein Restaurant und eine Strandbar. Sie erkundigen sich ob sie campen dürfen. Gar kein Problem. Sie parken ihren Bus neben eine grüne Wiese hinter der Strandbar. Es ist wundervoll. Endlich gibt es mal wieder festinstallierte Toiletten, grünes Gras, Strand, der immerhin nur mit kleinen Plastikkügelchen und -teilchen dekoriert ist, Meer ohne Plastik- und Glasflaschen, Sonne, blauer Himmel, frische Luft und Duschen.
Sie bleiben 10 Tage. In dieser Zeit freunden sie sich mit einem deutsch-britischen Pärchen, die – wie jedes Jahr – Urlaub in Kaplica machen, an und lernen das Personal des Restaurants besser kennen. „Cypress coffee is for free“, sagt der liebe Abdullah in die Küche hastend. Einen Tag nach ihrer Ankunft macht Anton seinen ersten Schritt. Außerdem übt er das stehen, geht auf Tuchfühlung mit dem Mittelmeer und perfektioniert seinen Krebsgang. Anna und Philipp machen jeden Tag Yoga, Fitnessübungen und gehen schwimmen.
Es könnte nach all der Anstrengung der letzten Tage nicht schöner und komfortabler sein. Trotzdem sehnt sich Philipp nach einer Wohnung, die er gerne für die restlichen Wochen ihres Aufenthalts mieten möchte. Anna, die inzwischen etwas genervt ist, von Philipps Stimmungsschwankungen und negativen Vibes, kann ihn davon überzeugen Workaway auszuprobieren. Sie schreibt einen Text und kontaktiert einige potentielle Hosts. Ein Pärchen meldet sich zurück und bieten ihnen an einfach mal vorbeizuschauen. Jackpot.